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AutorenbildChristian Noah

Fünf Freunde auf der Insel aus Feuer und Eis


Tag 5 - 20.08.2024


Guten Morgen Island!


nach dem stressigen gestrigen Tag mit schlechter Straße, Streit und Autopanne konnte es doch heute nur besser werden, oder?!


Jedenfalls begannen wir den Tag zunächst einmal ganz entspannt und hatten alle Zeit der Welt. Wir hatten ja kein Auto! Gefesselt an die unmittelbare Umgebung unseres Ferienhauses, begannen Flo und ich zu joggen, Marcel war auf Motivsuche und die Mädels blieben zunächst in der warmen Unterkunft.

Beim Joggen haben Flo und ich in der bemoosten Heidelandschaft entlang des Weges einen mittelgroßen Vogel entdeckt, der immer wieder auf kleinen Anhöhen auftauchte und seinen charakteristischen Ruf kundtat. Ein Goldregenpfeifer!


Das war für mich tatsächlich ein richtiges Highlight, denn diesen charakteristischen Vogel des Nordens habe ich bis dato noch nie sehen, geschweige denn fotografieren können.

Gefühlt bin ich nach der Sichtung also doppelt so schnell gelaufen, um möglichst schnell zurück am Ferienhaus zu sein um Kamera zu holen.

Angekommen am Ferienhaus, zog ich mich im Eiltempo, holte Kamera und Fernglas und machte mich auf den Weg in die weichen Moospolster.

Marcel hatte den Vogel auch schon entdeckt und gemeinsam pirschten wir uns langsam an. Mein lieber Marcel hatte aber zunächst mehr Freude daran, mich beim Pirschen zu fotografieren. Irgendwie muss ich wohl lustig ausgesehen haben, aber das ist hier ja ein seriöser Blog, deswegen gibt es keine Fotos...


Zurück zum Goldregenpfeifer. Er zeigte sein schönes Gefieder immer wieder stolz auf dem hügeligen Gelände, hielt jedoch stets einen zu großen Sicherheitsabstand für schöne Portraitaufnahmen ein. Das bereits zu harte Licht tat sein übriges dazu bei, dass es bei dokumentarischen Fotos geblieben ist. Aber ich freue mich trotzdem immer noch über diese schöne Erstsichtung.

Goldregenpfeifer in seinem typischen Lebensraum - niedrigwüchsige Heidelandschaften


Ewig wollten wir uns aber nicht draußen aufhalten. Erstens war es ziemlich kalt, zweitens mussten wir noch frühstücken und drittens erwarteten wir schon bald unser neues Auto, um unsere geplante Tour ins Hochland starten zu können.


Und ehe wir uns versahen, stand auch schon unser neues Auto vor der Tür. Wir bereiteten uns auf die Abfahrt vor und inspizierten den neuen Wagen. Schnell haben wir festgestellt, das wir keinen Diesel sondern einen Benziner-Hybrid bekamen. Ich sag nur so viel, die Tankstellen des Landes wurden unsere besten Freunde, so viel hat der geschluckt. Und im Hochland möchte man sich nun wirklich nicht auf die paar Spaß-Kilometerchen Reichweite der Batterie verlassen müssen. Aber die Freude über das neue Auto überwog doch deutlich über die Skepsis bezüglich der Antriebsart.


So ging es dann gegen 10 Uhr isländischer Zeit los. Das Tagesziel war die F208 Richtung Landmannalaugar. Entlang der F208 erwarteten uns zahlreiche Fotoziele, wie zum Beispiel Krater, Kraterseen, Wasserfälle und vor allem jede Menge Hochland pur.


Wir starteten unsere heutige Fotoreise am Sigöldugljúfur-Canyon. Von einem Parkplatz an der F208 aus, ist der beeindruckende Canyon über einen kurzen Marsch auf markierten Wegen problemlos erreichbar. Der Sigöldugljúfur-Canyon verbindet die Seen Krókslón und Hrauneyjalón miteinander und wird von zahlreichen kleinen Wasserfällen geprägt, die unaufhörlich in die tiefe Schlucht stürzen.

Allerdings muss ich euch sagen, wir hatten großes Pech mit dem Wetter, wie das nachfolgende Foto zeigt.

Jetzt werdet ihr euch zurecht fragen: Was ist mit dem Jungen falsch??? Sonne, blauer Himmel, was will man mehr???

Aber hier muss ich klar zwischen der Rolle als Tourist und der Rolle als Fotograf unterscheiden. Ich bin freilich ein Anhänger schönen Wetters, doch aus fotografischer Sicht gilt für mich: Mittagssonne und isländisches Hochland ist wie ein Vulkanausbruch ohne Lava. Das funktioniert einfach nicht. Das harte Mittagslicht nimmt den Landschaften des Hochlandes das Mystische, was sie sonst stets umgibt.

Doch wie immer gilt: Auf das Wetter hat man keinen Einfluss und muss es nehmen, wie es kommt.



Mit einigen Fotos im Gepäck traten wir ob der schlechten Fotobedingungen schnell den Rückweg zum Auto an. Und setzten unsere Reise auf der F208 fort.


Die F208 war gegenüber der gestrigen F210 schon eine Wohltat. Zwar erlebten wir auch wieder den einen oder anderen unvermeidbaren heftigen Ruckler, aber im Großen und Ganzen war die Straße komfortabel zu fahren.

Während wir uns immer weiter ins Hochland hineinwühlten, veränderten sich die Straßenbedingungen. Steiniger Untergrund wich zunehmend festem Sand. Für mich war es ein unglaublicher Spaß, mit bis zu 70 km/h über die Sandpiste zu fegen.

Entsprechend schnell erreichten wir unser nächstes Ziel, drei namenlose Krater entlang der F-road.

Wir parkten unser Auto am Straßenrand und holten unser Fotoequipment. Während man die Krater von der Straße aus gar nicht als solche wahrgenommen hat, entfaltete sich aus der Luft betrachtet, die ganze Pracht des Triple-Kraters.

Von der Position aus, sah man auch bereits unser nächstes Ziel. Den Berg Hnausapollur.

Die Bergkette um den Hauptgipfel Hnausapollur


Ihr seht es vermutlich selbst. Diese Moosstrukturen faszinieren und luden förmlich dazu ein, sie mit einer Telebrennweite zu fotografieren.

Nach ein paar Fotos, stiegen wir wieder ins Auto und fuhren zum nächsten Parkplatz direkt am Berg. Dort erwartete uns nicht nur der hübsch bemooste Berg, sondern auch der wunderschöne Kratersee Bláhylur.

Wir stellten unser Auto ab und machten uns auf den Weg zum Wanderweg. Unser sportlicher Flo hat tatsächlich den Aufstieg auf den Gipfel gewagt. Der Rest der Gruppe blieb aber weiter unten am Wanderweg und wir genossen den Ausblick. Wozu schon wandern auf Island? Dafür hat man schließlich ein Auto mit Allrad, um überall hinzufahren. ;)

Blick zurück in die sandige Ebene rund um den Triple-Krater

Doch wirklich lange hielten wir uns auch hier nicht auf. Die Liste an interessanten Fotospots entlang der F208 ist einfach zu groß.

Wir umfuhren See und Berg aus dem obigen Foto und verließen kurze Zeit später für eine kleine Strecke die F208. Wir erreichten schon bald den kleinen Parkplatz und wanderten den Berg hinauf. Dort eröffnete sich uns schon bald der Blick auf den beeindruckenden Kratersee Ljótipollur.

Umrahmt von steilen rotgefärbten Felsflanken thront der tiefblaue See inmitten der unwirklichen Vulkanlandschaft. Island pur!

Trotz der beeindruckende Kulisse konnten wir unsere Enttäuschung nicht ganz verbergen. Es wiederholte sich das Problem unseres Tagesbeginns. Das Sonnenlicht war zu hart, die Wolken zogen verlässlich links und rechts an der Sonne vorbei. Die beeindruckende Landschaftskulisse verlor etwas von ihrer Magie. Aber das sind nur Dinge, die zwar aus fotografischer Sicht schade sind, aber letztlich nichts am großartigen Eindruck von dieser Landschaft geändert haben.

Wir gingen wieder zum Auto zurück und machten los. Wir fuhren zunächst an einem weiteren Krater und der Abfahrt zum Landmannalaugar vorbei. Wir blieben auf der F208.

Dort erreichten wir ein Flussdelta. Wir stellten unser Auto ab und jeder erkundete das Gebiet auf seine eigene Art. Die Sonne schien, es war warm und windarm.

Das erste Mal stellte sich eine Art sommerliches Gefühl auf Island bei mir ein.

Claudia und ich entschlossen uns, gemeinsam bis zur Kante zum Flussdelta vorzugehen und unsere Drohnen vom weichen Islandmoos aus zu starten.

Wer die zwei kleinen Personen findet, darf sie behalten

Aus der typischen Flughöhe von 119,99 Meter eröffneten sich uns tolle Blicke auf das Flussdelta. Davon gibt es auf Island sehr viele, abstrakte, bunte, schwarz-weiße, einfach alles. Die sind aber oftmals schwierig zu erreichen. Dieses hier lag quasi vor unseren Füßen und wir hatten die Zeit und die Lust es aus der Luft ausgiebig zu erkunden.

Das Flussdelta eingebettet in der isländischen Landschaft

Herrlich, oder?! Das sind Dinge, die sieht man ihrer Weite und Größe im beengten Mitteleuropa einfach nicht. Bei uns hat die Natur schlicht nicht den Platz, sich derart auszuleben und zu gestalten.

Und diese Weite entfesselt einen auch als Menschen selbst. Man merkt beim Blick in die Landschaften regelrecht, wie sich Fessel um Fessel löst. Fesseln, die man im beengten stressigen Alltag widerwillig umgelegt bekommen hat. Auf Island ist man frei. Ob man es tatsächlich ist, sei natürlich dahingestellt, aber man fühlt sich frei. Und wie wir alle wissen, prägen Gefühle unser Sein.


Nun gut, ich fang schon wieder an zu philosophieren.

Brechen wir doch einfach mal zum nächsten Ziel auf. Aber ein Ziel im eigentlichen Sinne war es eigentlich gar nicht. Wir sind einfach die F208 weitergefahren und fuhren unweit des Deltas auf einen großen See zu. Dieser See war von einer gewaltigen Bergkulisse umrahmt. Da hüpften die Herzen der Landschaftsfotografen immer schneller.

Wir stiegen aus und alle bewegten sich schnellen Schrittes auf das Seeufer zu.

Claudia war beispielsweise vom am Ufer stehenden Wollgras hypnotisiert, mich faszinierten vor allem die farbintensiven Ausläufer des Landmannalaugar (Bunte Berge). Jeder von uns hat seine Lieblingsmotive finden können und unser Glückslevel stieg immer weiter.

Ständig wechselnde Lichtstimmungen taten ihr übriges zum schönen Fotosetting bei.

Die steilen Flanken der umliegenden Berge luden wirklich zum fotografischen Verweilen ein. Detail um Detail fand den Weg auf meine Speicherkarte.

Was ich so im Nachgang der Reise bereits sehen konnte, sind dort sehr unterschiedliche Fotos von uns Fünf entstanden. Doch bei einem Motiv waren wir uns alle einig. Die Spiegelung der gegenüberliegenden grünen Berge im See war der pure Wahnsinn. Was hatten wir für ein Glück diesen absolut windstillen Moment im Hochland erleben zu können. Windstille im Hochland ist sehr selten und dann auch noch an diesem Ort. Es wirkte, als ob sich Petrus für das unpassende Wetter am Vormittag entschuldigen wollte.

Mit diesem Happy-Moment im Herzen setzten wir unseren Trip durch das Hochland fort, merkten jedoch schnell, dass uns die Zeit so langsam davon lief und wir zwei unserer Ziele nicht mehr schaffen würden. Wir kehrten daher um und fuhren die F208 zurück zum Stútur crater, den wir anfänglich links liegen gelassen haben. Doch das ist noch einmal ein echtes Highlight und den wollten wir uns keinesfalls entgehen lassen.

Den Stútur crater zeichnet vor allem ein faszinierender Bewuchs sehr heller Flechten aus, was im Zusammenspiel mit den dunklen und roten Farbtönen des Vulkangesteins einen wunderbaren Kontrast ergab.

Stútur crater mit F208 und Flussdelta im Hintergrund
Stútur crater im Detail

Und auch die unmittelbare Umgebung wartete mit tollen Blickachsen auf.

Anschließend setzten wir unseren Heimweg auf der wunderschönen F208 fort, nicht ohne noch das eine oder andere wegbegleitende Motiv mitzunehmen. Die Berge unterschiedlichsten Formen und Farben waren einfach nur zu schön anzuschauen.

Nach einiger Fahrstrecke über feinem Sand und huckeligen Gelände erreichten wir bald wieder die F26, die als eine der wenigen F-roads Islands, asphaltiert ist und uns komfortabel den Weg zurück in die Zivilisation wies.

Marcel fragte, ob er seine Podcasts hören dürfe. Wir stimmten zu. Es folgte ein weit ausgeholter Ausritt in einen Kriminalfall des 20. Jahrhunderts. True Crime als Philosphie-Stunde. Der Podcast abends sollte wesentlich unterhaltsamer werden. Aber dazu später mehr.


Zuhause neigten sich unsere Essensvorräte langsam dem Ende entgegen, weswegen am heutigen Tage noch ein Einkauf nötig wurde. Wir hielten unterwegs am The Highland Center Hrauneyjar, machten jedoch schnell kehrt, als die Leute drinnen hektisch mit Schuhüberzieher wie bei einer Intensivstation umherliefen. Das wirkte nicht sehr vertrauensvoll. Vielleicht ein Island-Killerkeim?! Schnell weiter!

Da auch die andere potentielle Einkaufsmöglichkeit mittlerweile bereits zu hatte, beschlossen wir, nach Hause zu fahren, die Mädels abzusetzen und weiter nach Selfoss zum Supermarkt zu fahren. Der hatte bis 21 Uhr offen. Natürlich hatten wir den Mädels nicht gesagt, dass wir auch fotografieren wollten. Aufmerksame Leserinnen und Leser kennen das bereits aus dem Vorjahr und gute Traditionen wollten schließlich gepflegt werden. Die besten Bilder entstehen auch einfach, wenn sich die männliche Kreativität ungestört entfalten kann. ;)

So war das Einkaufen letztlich nur das Rahmenprogramm für unseren Fotoausflug.

Marcel spekulierte zum Sonnenuntergang auf einen farbigen Himmel, der sich dann auch in seiner ganzen Pracht zeigte. Wir positionierten uns am Fluss Ölfusá vor der hübschen Selfosskirkja und fotografierten den wunderschönen Sonnenuntergang entsprechend.

Als die Sonne untergegangen war, wurde es schnell deutlich kälter. Flo und ich begaben uns zum Auto zurück und dort kam eine niedliche Katze auf uns zu, die offensichtlich ein sehr starkes Bedürfnis nach Liebe und Zuneigung hatte.

Süße Katzenbilder sind gut für die Klicks, hat man mir gesagt.

Unser kleiner Männertrip endete so langsam, wir fuhren nach Hause.

Aus den Autolautsprechern drang die freche Stimme von Roxy Wayne in den Innenraum und klärte uns auf, was man so alles im Leben tun kann aber längst nicht muss. Wir haben herzlich gelacht.


Zuhause angekommen erwarteten uns überraschend gut gelaunte Frauen. Wir aßen und saßen zusammen. Den Abend schlossen wir mit einer Runde Hot-Tub und Tabu.

Tabu deckte unseren Altersunterschied mal wieder schonungslos auf. Begriffe, die für Claudia und mich selbstverständlich waren, waren für Marie und Flo Begriffe aus einer fremden Zivilisation. Das Spiel gewann wieder einmal das Team Marie/Claudia. Hatten halt mal wieder das notwendige Glück. Aber eigentlich hatten wir heute alle Glück. Glück mit einem wunderbaren Tag im isländischen Hochland.














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