Tag 7 - 22.08.2024
Guten Morgen Island!
als wir gegen 07:30 Uhr unsere warmen Betten verließen, ahnten wir noch nicht, was für ein epischer Tag der 22.08.2024 in unseren Leben werden würde.
Aber dazu später mehr!
Wir starteten den Tag ganz entspannt und diese Entspanntheit nahmen wir auch mit in unsere Tagesplanung. Wir wollten ein wenig Richtung Osten fahren, aber uns bewusst kein Mammut-Programm vornehmen. Wir beschlossen, ins südliche Hochland zu fahren.
Þórsmörk, ein von Gletschern umgebenes Flusstal, war unser Ziel. Übersetzt heißt Þórsmörk: Grenzmark des Donnergottes Thor. So wild wie die Übersetzung klingt, stellt sich dieses Tal dann auch in der Realität dar.
In der Mitte fließt der große und mitunter reißende Fluss Markarfljót. Links und Rechts des Talbodens grüßen die schroffen Bergflanken als Vorläufer der umliegenden Gletscher und Vulkane Tindfjallajökull, Eyjafjallajökull und Katla. Ist Þórsmörk am Anfang noch ziemlich weitläufig, engt sich das Tal mit jedem Kilometer Richtung Osten immer mehr ein und gliedert sich in zahlreiche beeindruckende Canyons auf. Würden wir bis dahin kommen? Schauen wir mal!
Doch bevor wir Þórsmörk erreichten, fuhren wir zunächst mal an der Touristenhölle Seljalandsfoss vorbei. Ich vermittele ja in meinem Blog oft ein ziemlich idealisiertes, menschenleeres Bild von Island. Aber wie das Video zeigt, ist auch DAS ist die Insel aus Feuer und Eis. Das Gute an Island ist jedoch, dass sich die Menschenmassen auf einige wenige Spots verteilen, wodurch man im Rest der Insel so ziemlich seine Ruhe hat.
Eine ganze Menge Blech, oder? Hinter der Abfahrt zum Seljalandsfoss war dann aber schlagartig Ende mit Gegenverkehr und nur noch alle paar Minuten kam uns mal ein einzelnes Auto entgegen.
Das zeigte, dass wir auf dem richtigen Weg waren.
Wir fuhren die Straße 249 weiter, bis der Asphalt endete und sie in die geschotterte F-road 249 überging. Das kleine Seitental Nauthúsagil ließen wir erstmal links liegen und fuhren schnellen Tempos immer weiter Richtung Osten. Doch schon bald sollte unsere Reise hier zu Ende sein. Einer der Seitenflüsse, welche die F-road passierten, war für unseren Kia eine Nummer zu groß.
Leider also mal wieder eine Wasserdurchfahrt, die unsere Pläne durchkreuzte.

Wir bleiben jedoch noch eine Weile stehen und entschlossen uns, mit der Drohne ein wenig über den Fluss Markarfljót zu fliegen. Außerhalb des Tals und an den Küsten war der Wind am heutigen Tage sehr stark. Im Tal jedoch, im Schatten der großen Gletscherberge, war es ruhig genug, um unsere Drohnen fliegen zu lassen.
Der Markarfljót zeigte aus der Luft seine ganzen Dimensionen. Ein geordnetes Wirrwarr aus zig tausenden kleinen und großen Wasserläufen, die alle nur den Nordatlantik als gemeinsames Ziel haben. Immer wieder faszinierend, diese Eindrücke aus der Luft sammeln zu können.
Nachdem die Drohne wieder verstaut war, holte ich noch meine Kamera hervor und zoomte an der einen oder anderen Stelle ins Gebirge hinein. Hinein in die mächtigen Berge des Þórsmörk, welches am heutigen Tage nur ein Sehnsuchtsort blieb.


Da es für uns hier und heute nicht weiterging, kehrten wir wieder um. Unser erster Plan war, das Tal ein stückweit zu verlassen und dem Fluss Markarfljót Richtung Meer zu folgen. Mit jedem Kilometer Richtung Meer fächert sich das Delta immer mehr auf, die Strukturen werden noch ausgeprägter. Wir wollten daher an anderer Stelle nochmal mit unseren Drohnen fliegen. Aber schon wenige Kilometer talauswärts war der oben angesprochene Wind eine Nummer zu stark für unsere kleinen Fluggeräte.
Wir kehrten also erneut um und fuhren wieder ein Stück ins Tal zurück. Schließlich lag am Weg noch ein kleines Seitental, an dessen Ende ein Wasserfall namens Nauthúsafoss thronte.
Wir begingen den Wanderweg, der uns immer weiter hinein in das sich verengende Tal führte. Bald schon endete der Wanderweg jedoch und der Weg ging über wackelige Steine vorbei an beeindruckenden Felswänden unmittelbar im Fluss weiter.
Aber auch die Flusswanderung endete so schnell, wie sie begann. Ein kleiner Felsvorsprung sollte unsere Barriere werden. Es wäre freilich möglich gewesen, den Felsvorsprung zu überwinden, aber im Wasser stehend und mit mäßig geeigneten Schuhwerk verzichteten wir auf eine rutschige Kletterpartie auf nassem Gestein und gingen nicht weiter. Stattdessen stellten wir uns in eine seitliche Höhle, machten das eine oder andere Foto und genossen die Geräuschkulisse des fließenden Wassers in dieser engen Schlucht.
Wirklich ein schönes Erlebnis dort!
Wir verließen die Schlucht auf dem selben Weg, auf dem wir hineingekommen sind und begaben uns wiederRichtung Auto. Ich hatte aber mit dem Nauthúsafoss noch nicht ganz abgeschlossen und wollte mit der Drohne mal schauen, ob ich ihn eventuell von oben fotografieren könnte. Ich startete die Drohne und flog erstmal entlang des Berghanges hoch in Richtung Wasserfall. Das ging auch ziemlich lange gut, bis ich jedoch unmittelbar am Nauthúsafoss einen Verbindungsabriss erlitt. Mein erster dieser Art und alles andere als ein schönes Gefühl. Aber die moderne Technik ist heute soweit, dass man sich ein stückweit darauf verlassen kann, dass sie wohl programmiert das richtige tut. Und so war es schließlich auch, denn die Drohne ist automatisch zu mir zurückgekehrt.

Nach diesem Ausflug in das schöne Seitental Nauthúsagil verließen wir die Þórsmörk-Route aber endgültig. Mit ein paar Fragezeichen in den Fotografen-Köpfchen, was wir mit dem angefangenen Tag nun anfangen mögen, fuhren wir zurück in Richtung Ringstraße.
Marcels Finger glitten aber unentwegt über Google Maps und tatsächlich entdeckte er ein spannendes Alternativmotiv. Oberhalb des eingangs erwähnten Touristenhotspots Seljalandsfoss befinden sich entlang des Flusses noch einige weitere Wasserfälle, wie zum Beispiel der Sauðafoss. Einzige Bedingung: Eine steile Bergstraße hinauffahren. Bis auf eine sehr huckelige Passage, zeigte sich diese jedoch sehr zahm und unser Kia Sorento wühlte sich Meter für Meter den Berg hinauf.
Wir stellten das Auto ab und wanderten Richtung Fluss. Den prominentesten Vertreter Sauðafoss haben wir zunächst einmal zielgerichtet verpasst. Stattdessen näherten wir uns immer weiter dem Flusstal und machten an den südlich ausgerichteten Hängen eine ausgiebige Rast. Gebettet auf einem weichen Polster aus Gräsern und beschienen von der warmen isländischen Sonne fiel jedwede Reisehektik in diesem Moment von uns ab und wir ließen uns einfach mal fallen.
Aber lange rasten können wir Fotografen einfach nicht. Da ist diese innere Unruhe in einem, dieses Gefühl etwas verpassen zu können. Wir rappelten uns also wieder auf und gingen das Flusstal weiter hinauf zu einem weithin sichtbaren Wasserfall. Ein wirklich schönes Exemplar!

Wir nahmen uns die Zeit, den Wasserfall ausgiebig zu fotografieren. Auch für die eine oder andere Randnotiz blieb genügend Raum und Zeit. Besonders spannend wie tragisch war die Geschichte eines jungen Schafes, was sich auf den steilen Hängen des Tals verirrt hatte und von seiner Mutter isoliert war. Es kam den steilen Hang nicht mehr hinauf. Die Mutter rief energisch und das junge Schaf nahm immer wieder Anlauf, aber scheiterte. Wie die Geschichte ausgegangen ist, kann ich euch leider nicht sagen. Hoffen wir einfach mal, dass die beiden wieder zueinander gefunden haben.
Über weitläufige Weiden gingen wir langsam zurück zur Straße. Dabei fielen uns neben etlichen Schafen eine Herde wunderschöner Pferde auf. Auch eine junge Familie mit Baby auf dem Arm hatte die Herde entdeckt und ging mutig unmittelbar bis an die Herde ran, um die Pferde zu streicheln. Ich empfand das als ziemlich riskant, da die Stuten gerade Fohlen hatten und Muttertiere mitunter unberechenbar sein können. Auch wenn der Familie nichts passiert war, blieben wir lieber auf Distanz und ließen die Pferde nur auf uns zu kommen, wenn sie denn wollten. Tatsächlich näherten sie sich auch ein wenig und wir konnten für einige Zeit tolle Fotos machen.
Nach dem 393. Pferdefoto fielen mir am Rand der Straße noch zwei Singvögel auf, bei denen es sich um Steinschmätzer handelte. Steinschmätzer sind Bewohner offener und steiniger Landschaften. Je karger und steiniger die Landschaften sind, desto wohler fühlen sie sich. Eine Vogelart wie für Island geschaffen, oder?

Mit vielen Tieraufnahmen auf der Speicherkarte machten wir uns auf den Weg zum Auto und fuhren eine kurze Strecke hinab zum Sauðafoss.
Der Sauðafoss liegt idyllisch in der Landschaft eingebettet. An dem steilen Nordhang, von dem aus der Wasserfall kraftvoll tief hinabstürzt, saßen Vögel und von der Anhöhe aus hatte man einen wunderbaren Blick auf die Tiefebenen rund um die Ringstraße.
Eine fast menschenleere Landschaft zum Abschalten und Genießen! Und kaum zu glauben, dass sich am selben Fluss nur 200 Meter tiefer hunderte von Menschen am Seljalandsfoss um die beste Fotoposition drängelten.
Wir begaben uns wieder zum Auto und traten die frühe Rückreise zur Unterkunft an. Wir wollten heute einen entspannten Tag verbringen und den Abend gemütlich in unserem Ferienhaus ausklingen lassen, doch da wussten wir noch nicht, was uns am Abend noch bevorstehen sollte...
...aber zunächst gingen wir erstmal für unser geplantes Grillerchen in Selfoss einkaufen. Und die Auswahl im Kühlregal war tatsächlich überraschend groß, sodass unserem Grillfest nichts mehr im Wege stand.
Zuhause angekommen, machte sich Claudia sofort an die Zubereitung eines leckeren Salates und einer noch besseren Grillsauce. Währenddessen schmiss unser Flo den Grill an und versuchte mit flinken Zangenbewegungen den Gasgrill zu bändigen. Das gelang ihm bestens, wie das nachfolgende Foto zeigt.

Und ich kann euch sagen: So ein Grillerchen macht auf Island mindestens genauso viel Spaß wie in heimischen Gefilden. Und das Bier schmeckt auch!
Wir speisten also an gegrilltem Gemüse, Bratwürsten und leckeren Rippchen und genossen es bis zum letzten Bissen. Aber der letzte Bissen war wie so oft der eine zu viel, wie mir mein Magen anschließend entschlossen signalisierte.

Alle verbliebene Kraft meines Körpers floss nun in die Verdauung. Nach dem die letzten Teller im Geschirrspüler verschwunden waren, zog es mich nur noch in den bequemen Sessel und dieser sollte eigentlich nur der Zwischenstopp zu meinem bequemen Bett sein. Sollte...
Während die Jugend oder diejenigen, die sich noch für jung hielten, mit der Verdauung beschäftigt vollständig lahmgelegt waren, packte unser Ältester Marcel die Kameras für einen Test zusammen. Er wollte für sich herausfinden, mit welchen unserer Weitwinkelobjektive sich die besten Fotos von isländischen Kirchen erzielen lassen.
Ich bewunderte diesen Mann aufrichtig. Nach einem üppigen Mahl noch diesen eisernen Willen aufzubringen, immer neue Fotos zu schießen, verdiente jede Anerkennung dieser Welt. Der alte Spruch "Je oller, desto doller" kommt nicht von ungefähr.
Mein Objektiv belegte am Ende des Objektivtests einen mäßigen dritten Platz. Mit den Fotos kann ich aber sehr gut leben. Danke Marcel!


Wie jeden Tag lief am späteren Abend der Youtube-Livestream zur aktuellen Vulkanlage auf Island nebenher. Wir befanden uns zu einer hochgradig aktiven Phase auf der Insel und ein Ausbruch der Vulkanspalte auf der Halbinsel Reykjanes könnte jeden Moment erfolgen. Wir rechneten natürlich nicht damit, aber zumindest eine theoretische Chance war gegeben. Sicher ist also sicher. Verpassen wollten wir ja schließlich nichts.
Ich zählte im Couchsessel zunehmend isländische Schafe und dämmerte ein. Weit kam ich jedoch nicht. Meinen auf die wesentlichen natürlichen Kernfunktionen heruntergefahrenen Körper erreichten Wellen der Aufgeregtheit und Hektik. Auf dem Laptop tat sich wohl etwas.
Meine müden Augen blickten hinüber zum Bildschirm und sahen es tatsächlich: Sprudelnde Lava trat in die Dunkelheit der isländischen Nacht.

Ich brauche nicht viele Worte darüber zu verlieren, was in jenem Moment mit uns los war. Wir waren in dem Wissen darüber, bald ein ganz besonderes Naturschauspiel erleben zu können, so aufgeregt und energiegeladen wie selten zuvor. Das sind magische Momente und diese Momente mit Menschen teilen zu können, die mindestens ebenso begeistert sind, ist ein unbeschreiblich tolles Gefühl.
Ohne großartig nachzudenken packten wir sofort unsere Sachen und fuhren auf die Ringstraße in Richtung Westen. Schon bald sahen wir am Horizont einen rot gefärbten Himmel. Angekommen im Großraum Reykjavik sah das Himmelsbild dann schon imposant aus. Unsere Aufregung stieg ins Unermessliche.
Um den Vulkanausbruch als Tourist beobachten und fotografieren zu können, gab es nur eine Möglichkeit und das war die Straße 41 zwischen Reykjavik und dem Flughafen Keflavik. Weitere Zufahrtswege waren großräumig abgesperrt, auch um die Menschen der Region Grindavik evakuiieren zu können. Das haben wir selbstverständlich akzeptiert.
Wir fuhren also auf die Straße Nr. 41 und hielten ab und an entlang des Straßenrandes. Wir waren beileibe nicht die einzigen, wie ihr euch sicher vorstellen könnt. Aber trotz der Masse an Menschen lief alles größtenteils gesittet ab und wir hatten ausreichend Zeit, dem Schauspiel vom Straßenrand aus beizuwohnen.
Fotografisch war es jedoch gar nicht so leicht, das ganze Spektakel abzubilden. Zum einen war zum Zeitpunkt des Ausbruches starker Wind, man musste mit sehr hohen ISO-Werten arbeiten und die Hitzeentwicklung des Lavafeldes ließ die eigentlichen Fontänen immer wieder in Unschärfe verschwimmen. Wettbewerbsfotos sind es also nicht gewonnen. Aber wisst ihr was? Das ist auch vollkommen egal, denn die Beobachtung dieses Schauspiels und das gemeinsame Erlebnis war das, was diesen Abend so besonders machte.



Mit diesem beeindruckenden Erlebnis im Gepäck machten wir uns müde und erschöpft langsam auf den Rückweg zur Unterkunft. Zuhause angekommen fanden wir schnell in einen erholsamen Schlaf, bei dem wir das Erlebte genüsslich verarbeiten konnten.
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