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AutorenbildChristian Noah

Fünf Freunde auf der Insel aus Feuer und Eis

Tag 4 - 18.09.2023


Guten Morgen Island! Nach mittlerweile drei Tagen engen Zusammenlebens braucht man(n) auch mal Freiräume.

Wohl aus diesem Grunde verließen Flo, Marcel und ich am frühen Morgen unsere Unterkunft, ohne Marie und Claudia Bescheid zu geben. Ausschlafen sollten sie ruhig mal, dachten wir. Das ist wichtig für die Kreativität und die gute Laune.

Während die Frauen der Gruppe noch schliefen und von Polarlichtern träumten, fuhren wir Männer auf der Jagd nach frühmorgendlichen Fotomotiven ein kleines Stück unsere Hausstraße entlang. Ein schöner Sonnenaufgang sollte es nicht werden, aber die Landschaft hat bei jedem Wetter einen ganz besonderen Reiz. Ich bewegte mich an jenem Morgen die meiste Zeit mit meiner Drohne in der Luft und wollte die Strukturen der Lavafelder von oben festhalten.

Das bedeckte Wetter war für diese Art der Fotos sogar noch zuträglich, da so die Grün- und Blautöne der Moose und des Wassers besonders intensiv zur Geltung kamen.

Bemooste Lavafelder nahe unserer Unterkunft

In der Erwartung ausgeschlafener und gut gelaunter Frauen ging es zurück zur Unterkunft. Überraschenderweise waren sie gar nicht begeistert, dass wir alleine losgefahren sind. Aber besonders böse konnten sie nicht gewesen sein, schließlich hatten sie das Frühstück bereits vorbereitet. Glück gehabt, schließlich gibt es für Männer wenig Schlimmeres, als schlecht gelaunte Frauen.


Bei einem ausgiebigen Frühstück wurde der Tagesplan durchgesprochen. Ins Hochland würde es schon bald gehen. Die Vorfreude war groß, schließlich ist das Hochland Island pur: Rau, menschenleer und voller beeindruckender Landschaften. Entsprechend schnell ging es ins Auto und auf die Ringstraße Richtung Westen. Nach einer etwa halbstündigen Fahrt verließen wir die Ringstraße 1 und wechselten auf die Straße 208, die vom angenehmen Asphalt schon bald in den island-typischen schwarzen Schotter überging. An einer Weggabelung teilte sich die Straße in eine 208 und eine F208. Wer in das Hochland will, muss wohl oder übel den F-Straßen folgen. Die F-Straßen sind die Hochland-Straßen in der Mitte Islands. Sie sind nur mit Allrad zu befahren und warten auch mit der einen oder anderen Flussdurchquerung auf.

Das Tiefland ließen wir schon bald hinter uns

Immer der F208 folgend ging es Richtung Hochland. Die hohen Berge weisen den Weg.

Bereits nach kurzer Zeit auf der F208 begann die Landschaft zu faszinieren. Auf der Straße waren wir komplett alleine und egal in welche Richtung man blickte: Man sah nicht eine Spur von Zivilisation. Ein steter Wechsel zwischen dunklen Wolken und Sonne tauchte die hügelige Landschaft in ein sanftes Licht. Erste Ausblicke auf die verschneiten Gipfel des Hochlandes lagen frei.


Mit zunehmender Fahrtdauer arbeiteten wir uns immer weiter Richtung Hochland und Flussquerung vor. Der zu querende Fluss liegt unmittelbar vor dem "echten" Hochland. Ihn nicht zu überqueren, bedeutet, dass man sich das Hochland von außerhalb anschauen muss.

Wir sahen den Fluss, fuhren nahe heran und Marcel sagte nach kurzer Zeit: "Da fahre ich nicht durch". Eine erste Welle der Enttäuschung erfasste uns. Es schien, als ob in diesem Moment unsere Pläne des Tages und mithin zahlreiche Bildideen einfach so vom Fluss davongespült wurden.

Aber so schnell wollten wir nicht aufgeben. Ich war in unserem Urlaub der zweite Fahrer und natürlich richteten sich alle Blicke auf mich. Würde ich denn den Mut aufbringen, den Fluss zu queren? Die enttäuschten Blicke im Nacken stachelten mich zumindest so weit an, meine wasserfesten Schuhe überzuziehen und mir den Fluss genauer anzuschauen. Die Überzieher hatten eine Höhe von 50cm. Die Wattiefe unseres Kia Sorento betrug circa 45 Zentimeter. Gut vergleichbar also. Bis zur Hälfte des Flusses bin ich gekommen, dann tat ich einen falschen Schritt, bin im Kiessand eingesackt und mir lief das eiskalte Gletscherwasser in den Schuh. Der Fluss war also tiefer als 50 Zentimeter, das Sediment recht locker und die Strömung stark. Eine Flussquerung war mir unter diesen Umständen ebenfalls zu riskant. Wenn man so weit von der Zivilisation weg ist, muss einfach die Vernunft walten. Der Traum vom Hochland ging nicht in Erfüllung.


Nach einer kurzen aber heftigen Phase der Enttäuschung entschieden wir uns, ein kleines Stück zurückzufahren und an einer Stelle zu halten, wo die Straße einen interessanten kurvigen Verlauf durch die isländische Landschaft nahm. Wir wollten das kurze regenfreie Wetter nutzen und ein bisschen Drohne fliegen. Während Marcel, Marie und Flo unser Auto mit der Drohne verfolgten, entschied ich mich, zu unserem immer noch recht nahen "Schicksalsfluss" zu fliegen und dort ein paar Aufnahmen zu machen. Claudia hatte zu dieser Zeit noch mit der Enttäuschung des verpassten Hochlandes zu kämpfen.

Unseren Rückweg aus dem "Vor-Hochland" gestalteten wir sehr entspannt. Immer wieder machten wir ohne jeglichen Zeitdruck kurze Zwischenstopps, wo es uns gefallen hatte. Das Wetter passte sich unserem Rhythmus an und wechselte munter zwischen Regenschauern und sonnigen Phasen.

An einer Stelle der F-Straße kam schließlich eine große Schlammpfütze. Und ihr wisst: Bei Schlammpfützen werden Erwachsene zu Kindern. Schnell war die Idee geboren, mit unserem Auto durchzufahren und das Gespritze zu fotografieren. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, oder?

Voller Einsatz von Fahrer und Fotografin. Foto von Claudia Noffke

Während vier von fünf mit der Schlammpfütze beschäftigt waren, hatte ich die Idee, mich mit der bunten Bodenvegetation zu beschäftigen. Schließlich müssen ja nun nicht alle fünf das Gleiche fotografieren, oder? Und außerdem bin ich Naturfotograf, da komme ich aus meiner Haut einfach nicht raus.

Die Herbstfarben gefielen mir einfach zu gut, um mich nicht auf den Boden zu rollen.

Nach zwei weiteren Zwischenstopps erreichten wir wieder die Zivilisation. Kurz vor der Ringstraße lag rechterseits noch eine hübsche Kirche, die Suðurland Grafarkirkja. Pünktlich zu unserem Eintreffen schickte uns Petrus sogar noch einen Regenbogen. Der Regenbogen über dem Kreuz hatte für mich ein stückweit auch etwas Symbolisches in dieser Situation.

Angekommen auf der Ringstraße genossen wir das Gefühl, wieder Asphalt unter den Rädern zu haben. Es sollte sogar recht lang anhalten, denn unser nächstes Ziel war noch ein ganzes Stück weg.

Der mächtige Katla-Gletscher thronte über der Landschaft

Als nächstes steuerten wir den Campingplatz Pakgil an, der vor einem wunderschönen engen Flusstal liegt.

Kurz vor der Ortschaft Vik verließen wir dafür am Hotel Katla die Ringstraße und fuhren auf einer engen Schotterstraße die Berghänge hinauf. Landschaftlich war diese Strecke wirklich eine Eins mit Sternchen. Man fuhr an sanften wie schroffen Bergspitzen vorbei und näherte sich dem Katla-Gletscher.

Etwa auf der Mitte der Strecke erreichten wir einen Ausblick auf ein tiefes Flusstal. Natürlich machten wir einen ausgiebigen Fotostopp. Dort gab es einfach nur beeindruckende Ausblicke in jede erdenkliche Richtung.

Das Weiterfahren fiel schwer. Das war so ein Ort, wo man ewig hätte bleiben können.

Aber das nahe und nicht minder schöne Ziel war ein guter Antrieb, den Motor wieder zu starten. Nachdem wir der Straße hinab in das Flusstal gefolgt sind, wurde es nicht weniger schön. Schon wieder wechselte die Landschaft ihr Bild. Die von schwarzem Kies geprägten weiten Flussauen weichen dort saftig grünen und schroffen Bergflanken, die steil in das sich verengende Flusstal des Pakgil hinabstürzen.

Nach nur wenigen Minuten erreichten wir den gleichnamigen Campingplatz, der vor einer imposanten Kulisse liegt. Wir stellten unser Auto ab und wanderten etwa 15 Minuten bis zum Ende dieses magisch anmutenden Tals.

Da das Tal nicht sonderlich lang und die Zahl an Motiven trotz der beeindruckenden Landschaft endlich ist, gingen wir recht zügig wieder zu unserem Auto zurück. Wir wollten nochmal in das größere Flusstal fahren, um Drohne zu fliegen. Leider machte uns erneut das Element Wasser einen Strich durch unsere Planungen. Diesmal war es kein Fluss, den wir überqueren mussten, sondern eine dichte Schauerstaffel, die Regenpaket um Regenpaket über unsere Köpfe schickte. Drohne fliegen unmöglich. Wir hofften auf die eine Regenlücke und warteten im Auto. Wir vertrösteten uns von 17:10 auf 17:15 und von 17:15 auf 17:30 Uhr. Vergebens. Es wollte nicht aufhören mit regnen. 17:30 Uhr mussten wir dann aber wirklich los, sonst wäre es mit unserem letzten Ziel, der Halbinsel Dyrhólaey ziemlich knapp geworden.

Schieben wir die schlechte Frisur mal auf den kräftigen isländischen Wind.

Auf dem Rückweg zur Ringstraße nahmen wir nur noch das eine oder andere Schaf (fotografisch) mit. Ausgestiegen sind wir aber vorerst nicht mehr.

Von der Ringstraße aus konnten wir kurz vor der Ortschaft Vik sehen, dass die Brandung des Meeres heute recht stark war. Das motivierte uns, dann doch mal kurz zum Strand vorzufahren. Wir fuhren aus Verdacht einfach mal einen Weg Richtung Strand und haben tatsächlich zielsicher das Meer erreicht ohne uns vorher im Sand festzufahren. Dort hielten wir etwa 10 Minuten, machten ein paar Fotos und genossen die wilde Brandung des Nordatlantiks.

Ihr seht es auf dem oberen Bild. Das Licht wurde schon langsam weich und die Sonne bewegte sich schnellen Schrittes auf den Horizont zu. Drum durften wir der nordatlantischen Strandromantik nicht zu lange verfallen. Die Halbinsel Dyrhólaey würde noch viel schöner werden.


Unser abschließendes Tagesziel liegt etwas westlich des weltberühmten Strandes Reynisfjara, dessen Felsformationen schon auf dem oberen Bild zu sehen sind. Die Halbinsel Dyrhólaey ist ein exponierter großer Fels zwischen den endlos wirkenden schwarzen Sandstränden des Südens von Island.

Besonders beliebt ist die Halbinsel zur Beobachtungen von Sonnenuntergängen. Man steht ziemlich hoch und hat einen faszinierenden Ausblick in alle Richtungen. Man hört die Brandung des Ozeans und kann gleichzeitig hinüber zum großen Katla-Gletscher schauen. Beeindruckend!

Das Landschaftserleben wird einzig vom Trubel der Menschenmassen gestört, die sich an den Klippen drängeln, um den besten Blick zu erhaschen. Über eine gut ausgebaute Straße erreicht man den Parkplatz auf der Halbinsel, der unmittelbar neben dem Aussichtspunkt liegt. Dieser Komfort aus toller Landschaft und guter Infrastruktur zieht Menschen magisch an.

Ranger achten hier penibel darauf, dass sich die Besucher ordnungsgemäß verhalten. Absperrungen sind aufgrund der Absturzgefahr einzuhalten und mit der Drohne darf man aus Rücksicht auf die Vogelpopulationen entlang des Felsen zurecht nicht fliegen.


Trotz der Fülle an Menschen hat sich der Ausflug auf die Halbinsel fotografisch mehr als gelohnt. Wir erlebten schöne Lichtstimmungen und einen faszinierenden Sonnenuntergang.

Der ideale Punkt, um einen Sonnenuntergang auf Island zu erleben.

Das war er, der vierte Tag auf Island! Ein Tag voller Überraschungen und einiger Enttäuschungen ist mit einem wunderbaren Sonnenuntergang mehr als versöhnlich geendet.


Bis bald!




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