Tag 7 - 21.09.2023
Guten Morgen Island!
Was war das bitte für ein Abend gestern?! Nach dem überraschenden Polarlichter-Erlebnis kamen wir schlecht in den Schlaf. Zu viel Adrenalin und Glückshormone waren in unseren Körpern. Aber jeder kennt es: Selbst in den Momenten größter Aufregung und Freude siegt immer die Müdigkeit. Schließlich fielen wir behutsam in einen entspannenden Schlaf.
Eigentlich wollten wir ausschlafen, aber die innere Uhr lies das Männerzimmer früh wach werden. Beim Blick aus dem Fenster war der Himmel immer noch recht klar. Die Sonne würde sich bald zeigen. Selbst der Wind hatte nun an unserer Unterkunft endlich mal nachgelassen. Da konnten wir natürlich nicht im Bett bleiben, schnappten unsere Sachen und waren auf dem Weg nach draußen. Doch vorher weckten wir noch vorsichtig unsere beiden Mitstreiterinnen. Wieder nicht Bescheid zu geben, hätte wohl zum unweigerlichen Rausschmiss geführt. Nun gut, die Pflicht war erledigt und unsere Mitstreiterinnen entschlossen sich, in der warmen Wohnung zu bleiben.
Die Entscheidung hinaus zu gehen, erwies sich als richtig. Hinter dünnen Wolkenschleiern ging am Horizont schon bald die Sonne auf und tauchte die Lavafelder in ein warmes Licht.
Ich widmete mich den vielen kleinen Details der Mooslandschaft. Das bot sich bei dem sanften Licht geradezu an.
Doch ich wollte nicht nur auf dem Boden fotografieren. Der Wind hatte zwar nachgelassen, war aber immer noch präsent. Aber an diesem Morgen wollte ich mir das Drohne fliegen nicht nehmen lassen und bin recht flach über die Landschaft geflogen. Mein Auge war dabei stets auf den Controller gerichtet, um interessante Strukturen in den bemoosten Lavafeldern aufzuspüren. Dort, wo das milchige Gletscherwasser zwischen dem Gestein zur Ruhe kam, fand ich es am schönsten und hab von einer Höhe zwischen 5 und 10 Metern fleißig fotografiert.
Die Kälte an jenem Morgen bewog uns, unseren kleinen morgendlichen Ausflug nicht allzu sehr auszudehnen. Sobald das Sonnenlicht zu hart wurde, machten wir uns auf den kurzen Rückweg zur Unterkunft, um uns bei einem warmen Tee aufzuwärmen.
Ich könnte euch jetzt noch vom Frühstück erzählen, wie großartig Marie die Brötchen aufgebacken hat, was wir gegessen haben, was wir angezogen haben oder wann wir losgefahren sind. Aber sparen wir uns das alles mal, will euch ja nicht langweilen. Stattdessen komme ich mal gleich zum ersten Tagesziel. Wir fuhren wieder in den Osten der Insel zum Svínafellsjökull Glacier. Am Ende der gewaltigen Gletscherzunge ist dort ein Schmelzwassersee, an dem man sehr gut fußläufig herankommt und randlich auch mit Drohne fliegen kann. Man muss allerdings aufpassen, nicht die Grenzen des Nationalparks zu verletzen.
Nachdem ich mit der Drohne wieder sicher gelandet bin, ging der fotografische Ausflug vom Boden aus weiter. Wie überall im Osten der Insel, war die Herbstfärbung der Vegetation bereits weit fortgeschritten. Umso überraschter war ich über die Sichtung wunderschöner Wollgräser. Gerade in diesem Klima noch im September so schöne wollige Fruchtstände zu sehen, war für mich zunächst einmal ungewöhnlich. Zuhause am Laptop stellte ich aber fest, dass es sich bei dem Wollgras um das spätblühende Scheuchzers Wollgras handelte, was für nordische und alpine Standorte eine typische Art ist.
Die Erlebnisse rund um den Gletschersee waren wirklich sehr schön. Die Sonne schien, der Himmel war tiefblau, auf dem Gletschersee schwammen kleine Eiskristalle, die Ufer waren leicht gefroren und in den moorigen Randbereichen blühten Wollgräser. Was will man als Fotograf mehr? Die logische Folge war, dass ich mit ziemlich vielen Bildern von diesem Ort heimgekehrt bin. Hier eine kleine Auswahl für euch.
Auch für ein paar kreativere Ansätze blieb noch Zeit. Von Wischern bis hin zu starken Unterbelichtungen habe ich so ziemlich alles mal durchprobiert.
Nach der Rückkehr zum Auto begann nun eine lange zweistündige Fahrt zu dem östlichsten Punkt unserer Reise, dem Leuchtturm Hvalnes. Lustigerweise interessierten wir uns so gar nicht für den wirklich hässlichen Leuchtturm, sondern wollten uns viel mehr die hübsche Berglandschaft und den schönen Kiesstrand anschauen.
Die Zeit, die wir dort verbracht haben, war wirklich sehr schön. Die Sonne schien, wir flogen ein bisschen Drohne, gingen zum Strand und haben einfach ein bisschen die Zeit in dieser Landschaft genossen.
Wahrscheinlich war der Ausflug dorthin nicht der landschaftlich schönste, aber definitiv einer der entspanntesten unserer Reise.
Vor allem der Strand wusste zu begeistern. Die Kieselsteine waren von wirklich beeindruckend glatter Konsistenz und einfach schön anzufassen. Am Strand fanden sich verschiedene Überreste von Meeresleben. Die Wellen brandeten seicht am Strand.
Mit dem folgenden Video nehme ich euch mal mit auf einen kleinen Flug über den Strand.
Wir verblieben etwa zwei Stunden an dem Spot und machten uns dann am frühen Nachmittag auf den Rückweg Richtung Westen. Doch vorher hatte ich lange genug gequengelt, sodass wir noch kurz an einem See hielten. Wenigstens ein gescheites Tierfoto wollte ich bekommen. Gelang auch!
Nachdem wir einige Zeit weitergefahren sind, sahen wir am Straßenrand schließlich einen großen roten Stuhl stehen. Kunst nennt man das wohl. Ein Glück, dass wir unser Island-Model Marie dabei hatten, die einfach an jedem Ort der Insel aussah, als wäre sie hier geboren.
Wieder zurück im Auto erreichten wir nur einen Wimpernschlag später die Einfahrt zu unserem nächsten Ziel. Der Skútafoss ist ein hübscher zweigeteilter Wasserfall, der in einem schmalen Tal liegt. Den Wasserfall haben wir in etwa 10 Minuten erwandert. Auf dem Weg dorthin erwarteten uns weitere kleinere Wasserfälle. Wirklich schön dort, allerdings war der Sturm mehr als lästig. Offensichtlich hatten wir mal wieder erfolgreich eine Windschneise gefunden. Unaufhörlich blies uns der Wind in kräftigen Böen entgegen.
Wind, Schatten und Kälte machten den Aufenthalt wirklich ungemütlich und wir verzogen uns nach ein paar Standardfotos wieder schnell ins Auto, um pünktlich zum Sonnenuntergang unser Highlight des Tages zu erreichen.
Auf dem Weg Richtung Westen gab es derweil von der Ringstraße aus immer wieder schöne Motive in der isländischen Berglandschaft zu sehen. Die Licht-Schatten-Spiele der Sonne und Wolken taten ihr übriges, um das Ganze noch reizvoller zu machen.
Nach einstündiger Fahrt sind wir schließlich am Tageshighlight angekommen, der Gletscherlagune Jökulsárlón. Beim Blick auf den Parkplatz war das nicht nur für uns ein Highlight, sondern auch für unzählig viele weitere Menschen.
Von der dicklippigen Instabarbie über den funktionellen North Face-Christian bis hin zu Menschen mit Bärenmützen war so ziemlich alles vertreten und man arrangierte sich harmonisch entlang der besten Fotopunkte. Was alle Menschen dort einte, war die Begeisterung für das Naturschauspiel der Gletscherlagune.
Die Gletscherlagune war voller Eisberge. Eisberge, die von den mächtigen Gletscherzungen abgebrochen sind und nun von der Strömung langsam durch eine schmale Enge Richtung Nordatlantik getrieben wurden. Fotografisch gesehen boten sich zahlreiche Motive. Seien es die Kontraste zwischen Eisberg und Felsen, kleine Eisskulpturen oder die Ausblicke zu dem über allem thronenden mächtigen Gletscher.
Besonders die kleinen Eisskulpturen, die letztlich nur klägliche Reste ehemaliger Eisberge sind, hatten es mir angetan. Folglich wechselte ich schnell von der Vertikalen in die Horizontale und legte mich auf den Strand. Ein kurzer schüchterner Rundblick offenbarte, dass ich wohl der Einzige unter unzähligen Menschen war, der das gemacht hat. Aber ich finde gerade die Perspektive ganz unten auf Augenhöhe ist es, die solchen Bildern das gewisse Etwas verleiht.
Die sich im Takt der untergehenden Sonne schnell ändernden Lichtverhältnisse trugen ihren Teil dazu bei, facettenreiche Bilder zu erzielen.
Mit Ausblicken auf Eisberge und Gletscher machten wir uns langsam auf den Rückweg zum Parkplatz. Ich hatte mittlerweile die Temperatur der Eisberge angenommen und war dann doch ganz froh, endlich im warmen Auto sitzen zu können.
Auf dem Weg zur Unterkunft war es mittlerweile dunkel geworden. Der Himmel war klar und wir vermuteten Polarlichter. Wir beschlossen daher, noch zu einem kleinen Wasserfall an der Ringstraße nahe unserer Unterkunft zu fahren. Kaum richtig durchwärmt, stiegen wir schon wieder aus. Und dort war er wieder, diese starke Sturm. Dazu Temperaturen von 4°C. Lange bin ich dort nicht geblieben. Ich hab tatsächlich nur ein Bild gemacht und hab mich danach sofort wieder ins Auto verkrochen.
Aber das eine Bild war dann wirklich nicht schlecht, finde ich, während ich mit einem warmen Tee vor dem Laptop sitze und das hier schreibe.
Nach Rückkehr in die Unterkunft, erreichten wir bei einem gemütlichen Abendessen schnell wieder unsere Wohlfühltemperatur. Der Tag endete schließlich mit einer schönen Partie Tabu. Während sich Marcel erfolgreich darum drückte, versuchte ich vergebens einem Schwimmer das Wort Schwimmweste zu erklären. Team Männer verlor am Ende knapp gegen das Team Mädels. Aber gegen ein Team, welches das Glück hatte, sämtliche Frühstücksbegriffe in chronologischer Reihenfolge erklären zu dürfen, ist dann einfach kein Kraut gewachsen.
Revanche kommt!
Bis bald!
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